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Champagner: aber bitte mit Datum

Bruno (es gibt ihm wirklich) beim gigantischen Money-Shot mit Michelle Hunziker..
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Champagnerbotschafter Boris Maskow spendiert dem Captain zum Schluss eine gute Flasche Bruno Paillard. Und weil er auch Anwalt der Konsumenten ist, rät er dabei aufs Datum zu achten.
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Champagner muss man in großen Schlucken trinken, das weiß jeder, der sich damit mal ernstlich auseinandergesetzt hat. Auch das natürliche Trinkverhalten, mit anderen Worten: der Durst, gebietet zügiges, aber nicht hastiges Trinken aus großzügig dimensionierten Gläsern. Aber wann muss man Champagner trinken? Immer – klar. Nicht so klar ist, zu welchem Zeitpunkt man ihn nach seiner Marktfreigabe trinken soll.

Die Champagnerhäuser trichtern uns ein, dass Champagner möglichst bald nach dem Kauf getrunken werden muss – sonst wird er schlecht. Das gefällt dem Weinfachhandels, der bietet Champagner als Saisonprodukt ab Oktober für Weihnachten und Silvester an, bzw. besorgt zu diesem Zweck schnell noch „drei Kartons Veuve in der Metro“. Mit der einfachen Verkaufsvorgabe „Trinkreif sofort, Austrinken über die Feiertage, maximal zwei Jahre lagern“ ist der Händler gleich aller Beratungssorgen ledig und freut sich über die (allerdings nur schmale) Marge, die er mit dem Luxussprudel eingestrichen hat.

Aber ganz so einfach ist die Sache nicht. Das beweist immer wieder aufs Neue der Geheimstar unter den Sternerestaurant-Lieferanten, die smarte Firma Bruno Paillard. Gut 400 Sternerestaurants weltweit beliefert Paillard mit seinem Champagner und wird dennoch – oder gerade deshalb – kaum in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Womit überzeugt der Mann die Sommeliers? Unter anderem mit Reifepotential.

Erster Stock: nur gute Ware

Der Beweis: Im Berliner Restaurant First Floor von Meisterkoch Matthias Diether gehört Sommelier Gunnar Tietz zu den Paillard-Adepten. Im Glasausschank gibt es den jahrgangslosen Paillard-Rosé, ein Champagner, der Appetit auf Brot, Butter und kleine Schweinereien aus der Küche macht. Seine Säure wurde behutsam im Holzfass gebändigt und geht nicht beißend bis unter die Zungenhaut. Dafür verspricht sie konfliktreie Kombination mit allem, was die Sterneküche sonst noch so hergibt.

Doch das ist nur ein Nebenschauplatz. Das eigentliche Kunststück ist ein anderes. Denn Bruno Paillard ist seit ziemlich genau dreißig Jahren der erste Champagnererzeuger, der auf dem Rückenetikett aller seiner Flaschen das Dégorgierdatum angibt. In letzte Zeit haben immer mehr Produzenten nachgezogen, vor allem deswegen, weil Robert Parker das für seine Verkostungen einfordert. Und der Mann ist immer noch mächtig – auch wenn er den Chinesen gehört.

Das Georgierdatum ist wichtig

Warum ist das Dégorgierdatum so wichtig? Weil richtiger Champagnergenuss sonst nicht „funktioniert“. Grob 90% aller Champagner sind jahrgangslos, d.h. das Etikett enthält keine Information, welcher Jahrgang im Wein enthalten ist. Meistens sind es sowieso drei, vier oder mehr aufeinanderfolgende Erntejahrgänge, die zu einer Cuvée assembliert werden und das gesetzliche Minimum 15 Monate (viele Erzeuger gönnen den Flaschen aber drei Jahre und mehr, was Qualität und Preis nach oben treiben) im Keller des Champagnererzeugers verbringen, bevor sie in den Handel kommen. Einmal im Handel, kann kein Mensch mehr nachvollziehen, für wie lange die Flasche in der grell beleuchteten Auslage gebraten hat, oder im Klimaschrank behutsam gelagert wurde. Beim dem einen Händler sind es nur wenige Tage oder Wochen, beim anderen evebtuell Monate oder Jahre. Der Kunde kauft also im Zweifel eine Flaschenreife mit, die er gar nicht haben will.

Das wirksamste Kontrollmittel ist also die Angabe des Dégorgierzeitpunkts. Ab da verliert der Champagner seine Alterslosigkeit und seinen natürlichen Oxidationsschutz, er beginnt zu reifen und zu altern. Kennt man das Dégorgierdatum, kann man einschätzen, ob erfrischende Labsal wartet. Oder anstrengender Sherryton.
Bruno Paillard – als hätte er es geahnt – entschloss sich schon vor vielen Jahren, die passende Cuvée für den Abschied des Captains aufzulegen. N.P.U. heißt sie: Nec Plus Ultra. Die wenigen bisher freigegebenen Jahrgänge werden vor allem in Sternerestaurants geliefert. Wer dort einen N.P.U. 1996, (es gibt nur 6523 Flaschen davon) auf der Karte sieht, sollte sofort zugreifen und ein Gläschen auf den Captain trinken – kein Coche-Dury verkörpert ihn besser.

Nose to Tail

In der Nase Limette, Ingwer, Orangenstäbchen, konzentrierte Apfelnoten und eine je nach Gewöhnung ungezogene bis schockierende Säure, sekundiert von warmen Holznoten und sizilianischem Torroncini-Nougat. Ein bewegender Champagner mit eskalierendem Sendungsbewusstsein, das die Herzen und die Backen schwellen lässt.

+) Captains Tipp: der 2002er Champagner Millesime Assemblage von Bruno Paillard.

 

Datum: 23.1.2014 (Update 4.2.2015)
 

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