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Der Aufsteiger aus Piemont

Eine Tasse Barbera gefällig?
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Dies ist die Geschichte der Traube Barbera, die ganz unten begann. Und nach heftigem Schock eine atemberaubende Karriere hinlegte.
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Wer Piemont sagt, denkt meistens an Trüffel, Barolo und Barbera.

Barbera ist Rebsorte Nummer drei in Italien – nach Sangiovese und Montepulciano. Im Piemont ist sie eindeutig Numero uno.

Obwohl sie praktisch überall in bella Italia wächst, gehört die Traube zur Landschaft des Piemont wie die Kirchtürme der kleinen Gemeinden.

Barbera-Weine sind von kräftiger Säure und deutlichen Kirschnoten geprägt. Oft sind auch Brombeere, Himbeere und Pflaume zu spüren. Eine gewisse Erdigkeit, manchmal Schokolade und würzige Holztöne kommen dazu. Manchmal schmecken diese Tropfen richtig elegant.

Das ist aber noch nicht lange so. Denn Barbera ist der Emporkömmling unter Italiens Trauben und Glücksbringer vieler kleiner piemontesischer Winzerbetriebe, die für ihre Tropfen inzwischen fair bezahlt werden. Barbera ist als guter Alltagswein zu Burger, Pizza & Co. einfach in.

Bis heute ist die piemontesische Landwirtschaft von Familienbetrieben geprägt. So wie das kleine Weingut Poggio Ridente (= lachender Weinberg), von wo ich einen köstlichen und günstigen Bio-Barbera für euch verkostet habe.

Das Sommerklima im Piemont ist trocken und heiß, im Winter fällt regelmäßig Schnee. Im Herbst herrscht touristische Hochsaison. Die Landschaft leuchtet geradezu. Es duftet sinnlich und morbid nach Laub und Waldboden – Aromen, die sich in den Weinen der Region auf verblüffende Weise wiederfinden.

Spätestens seit dem Mittelalter war die Barbera-Traube bei den Bauern sehr beliebt. Sie brauchte nicht viel Pflege und ergab gute Erträge. Die heißen Tage im Sommer und die kühlen Nächte halten die Barbera-Säure straff und die Fruchtigkeit frisch.

Unzählige Barbera-Mutationen entstanden über die Jahrhunderte. Es bildeten sich besonders ergiebige Klone heraus, die in den weinverrückten 60er-Jahren, als die Welt nach italienischem Wein zu schreien begann, besonders gerne angepflanzt wurden. Wie das Zeug schmeckte war sekundär.

Dann kam der italienische Weinskandal von 1986. Der „Spiegel“ schreib damals:

„Es war beinahe wie im Schlaraffenland. Der Wein floss in Strömen und in Bächen. Im Piemont, wo auf malerischen Hängen rings um Asti und Alba die vielgerühmten Barolo- und Barbera-Weine wachsen, färbte sich der Fluß Tanaro zwei Tage lang rot. Italiens Weinhändler hatten hart gearbeitet, um die Spuren des jüngsten Weinskandals zu beseitigen: 22 Menschen kostete die mit Methanol versetzte Flüssigkeit das Leben, über 100 erlitten schwere Gesundheitsschäden.“

Kriminelle Winzer hatten ihre dünnen Weine mit Methylalkohol versetzt, um die Plörre aufzupimpen. Der Export brach schlagartig ein. Bereits ein Jahr vor der Katastrophe waren die Behörden auf die Praxis aufmerksam geworden. Aber wie das eben so ist – erst als es Tote gab, wachte man auf…

Danach war nichts mehr wie zuvor. Und im Piemont begann man sich zu besinnen. Plötzlich stand die Qualität im Vordergrund. Edel-Barberi gab es zwar damals schon vereinzelt, die hat man aber als spinnerte Marotte einiger Winzer (wie etwa Giacomo Bologna) abgetan. Nun wurde ein Trend daraus, der bis heute anhält.

Das Rezept für den sagenhaften Aufstieg der Underdog-Traube Barbera waren Maßnahmen im Weinberg und Keller. Zum Beispiel die sogenannte Ertragsreduzierung, also das gezielte Herausschneiden von Trauben während des Jahres, damit die ganze Kraft der Pflanze in die übrig gebliebenen Beeren wandert und deren Aromen dichter macht. Dazu kamen Experimente mit Barriquefässern, die von Jahr zu Jahr besser gelangen.

Lohn der Mühe war eine beispiellose Karriere, die in unseren Weingläsern endet.

 

Datum: 8.4.2018
 

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