Wahrscheinlich wollte einfach keiner der drei Brüder Kiefer weg aus St. Martin in der Pfalz.
Laut Eigenwerbung ist das Örtchen „eines der schönsten Dörfer Deutschlands“. Und außerdem Luftkurort.
Wer atmet nicht gerne in schöner Umgebung mal so richtig ordentlich durch? Auf jeden Fall die drei Brüder Michael, Andreas und Bernhard Kiefer, dessen Sohn Philipp Kellerchef im Aloisiushof ist und seit wenigen Jahren das Weingut weit über die Grezen der Pfalz hinaus ins Gespräch bringt.
Philipp ist Urenkel von Alois und Rita Kiefer. Die beiden gründeten in diesem wahnsinnig schönen St. Martin (nicht ganz unbelastet von der Familientradition, die geht zurück ins 17. Jahrhundert) im Jahr 1950 das Wein & Sekthaus Aloisiushof.
Einige Jahre später kauften die Kiefers ein wunderschönes und uraltes Fachwerkhaus mitten in diesem wunderschönen St. Martin.
Warum ich das erzähle? Dort wohnen die Kiefers nämlich nicht nur. Dort gibt es einen dunklen und tiefen Keller. Und in diesem Keller…
Aber dazu gleich.
Die drei Brüder Kiefer also hatten alle keine Lust, woanders hinzuziehen. Wein wollten auch alle machen.
Also trieben sie den Begriff Familienunternehmen auf die Spitze.
Michael ist für die 19 Hektar Weinberge verantwortlich. Bernhard und Sohn Philipp walten im Weinkeller. Und Andreas kümmert sich um die gesamte Technik.
Damit nicht genug.
Die Frauen dieser Viererbande mischen auch noch mit. Verkauf, Kundenbetreuung, Organisation und Bürokram liegen in den weiblichen Händen von Sabine, Helga, Susanne und Mercedes.
Aber zurück zu diesem Keller.
Dort ruhen in der Dunkelheit die Barriques der Familie. Holzfässer aus französischer Eiche mit 225 Liter Inhalt.
Barrique wird bei den Kiefers nämlich groß geschrieben: BARRIQUE.
Alle ihre Rotweine kommen dort hinein und das schon seit dem Jahr 1988.
Es dürfte kaum einen deutschen Winzer geben, der das mit dem Holz so konsequent durchzieht. Oder kennt jemand einen?
Kein Wunder, dass das Weingut auch Mitglied im Barrique Forum Pfalz ist.
Dieses Barrique Forum Pfalz hat uns eine Flasche Spätburgunder Ambrosia St. Martiner Baron (nach der Weinlage St. Martiner Baron) geschickt, die nun vor mir steht.
Ich entkorke und verkoste.
Stop! Was ist dieses Barrique-Dings eigentlich?
Das Barrique Forum Pfalz ist eine Art Fasslobby, die gegen das Gerücht antritt, dass Barriqueweine vordergründig nach Holzausbau schmecken. Das Gegenteil ist der Fall – wenn der Winzer sein Handwerk versteht. Sagt das Barrique Forum Pfalz und macht deshalb mit mir diese Holzfass-Serie mit feinsten Rotweinen aus kleinen 225 Liter-Barriques.
Hier sind alle weiteren Folgen der Pfälzer Holzfass-Serie:
- Pfalz: Die rote Mischung
- Ich bin eine Erdbeere
- Ein sympathisches Geständnis!
- Rote Pfalz: Das Schwert des Nordens
- Die Burgundisierung der Pfalz
- Was für eine Diva: Endegelände mit Pinot Noir
- Merlot III: Die rote Packung
- PinoTimes: Die zwei von der Trinkstelle
- Merlot II: Einführung ins Barrique
- Der unmöglichste Weinname Deutschlands
- Asterix, wer hat hier Holzfass gesagt?
- Lieber Spätburgunder als nie!
- Barrique: Auf den Baum kommt es an!
- Merlot I: Unser täglich Weisbrodt
- Holzfasswoche: Der rote Krieger
- Ein Stern für Bordeaux aus der Pfalz
- Timbeeer! Da kommt Holz auf uns zu…
- Alles hat 1 Ende nur dass Fass hat 2…
- Verkalkte Pfalz: Spätburgunder-Land
- Spätburgunder à la Californication
- Cabernet Sauvignon: Musslers Muss
- Pfalz: Der rote Willi ist auf dem Weg
- Pfalz: Rotweingrüße nach Bordeaux
- Joachim Wegner: Die Pfalz ist nicht genug
Zurück zu meinem Wein aus dem Aloisisuhof.
Im Glas schimmert er in dunklem Rubinrot. Erstaunlich dunkles Rubinrot für einen Spätburgunder.
In der Nase wird’s dann schon typischer – und das auf wundervolle Weise. Sehr klar marschiert die Kirsche voran, ihrem Auftritt verleihen frisch gemahlener Kaffee und getrockneter Thymian die nötige Würde, um einen großen Wein anzudeuten. Nachdem ich dem Tropfen ein wenig Luft gegönnt habe, kommt noch etwas Schokolade hinzu.
Am Gaumen geht es genauso weiter, dass ich erst einmal verzückt die Augen schließe.
Unheimlich weich rieseln die Tannine des Ambrosia über meine Zunge. Dabei ist der Wein sehr klar und präzise, der Ausbau im Holzfass zeigt sich mit Anklängen von Pfeifentabak und knusprigem Toastbrot.
Diese Noten sind wunderbar integriert, ebenso die 13,5 Volumenprozent Alkohol. Die Kirsche wird nun unterstützt von etwas vollreifem Schlehdorn und von leichten Mandelnoten. Süßliche Anklänge irritieren im ersten Moment ein wenig. Aber wirklich nur im ersten Moment. Denn sofort springt etwas frisch gemahlener schwarzer Pfeffer herbei, sodass eine wunderbare Balance entsteht.
Was für ein Tropfen, was für ein Aromenspiel! Das ist der perfekte Wein für einen festlichen Abend, wenn es etwas Besonderes zu feiern gibt. Zum Beispiel, dass das Leben so schön ist.
Als Essenspartner empfehle ich einen gebratenen Reh- oder einen Hirschkeule.