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Being smart mit Burgunder-Ehrhart

Gar nicht fett. Aber lecker. Der günstige Späti von Erhart.
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Captains Bootsmarxist Rainer Balcerowiakwar auf der "Generation Riesling" und übte Kritik. Doch war nicht alles Durchschnitt, was er trank. Glücklich wurde er mit einem preiswerten Spätburgunder aus der Pfalz.
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Der vom Deutschen Weininstitut ins Leben gerufene Verein „Generation Riesling“ hat viele Gesichter. Eines der jüngsten gehört dem 23jährigen Benjamin Ehrhart, der seit 2009 bestimmt, was im Keller des elterlichen Weinguts in Eschborn geschieht Nach Lehr- und Wanderjahren durch einige renommierte deutsche Weingüter und abgeschlossenen Ausbildungen zum Weinbauwirtschafter und Techniker fühlt er sich trotz (oder wegen) seiner Jugend reif genug, den Laden in Hessen ein wenig zu entrümpeln.

Dran glauben mussten unter anderem die im deutschen Weinrecht vorgesehenen Prädikatseinstufungen der Weine. Ehrhart setzt vielmehr auf eine bestechend einfache Qualitätspyramide. Sie beginnt mit einigen Gutsweinen in der Literflasche. Es folgen mit 2 bzw. 3 Sternen versehene Produktlinien, und auch beim Premiumsegment verzichtet Benjamin Ehrhart auf mehr oder weniger phantasievolle Bezeichnungen wie „Reserve“ oder „Selection“, sondern verwendet schlicht die Lagennamen.

Besonders beim Spätburgunder macht es ungeheuren Spaß, sich von unten nach oben durch diese Pyramide zu trinken. Die beginnt hier bei zwei Sternen und schon in dieser einfachen Kategorie bekommt man einen sehr klaren Pinot mit rubinroter Farbe, kräftiger Struktur und einem Duft nach Kirsche und Brombeere ins Glas. Langsame Maischegärung und der Ausbau im großen Holzfass sorgen dafür, dass das berüchtigte Marmeladen-Feeling in keiner Sekunde aufkommt. Auch wird die reintönige Kirschfrucht nicht mit unangemessen hohen Alkoholwerten zerstört. Ein schlichter, gradliniger Trinkspaß für jede denkbare Gelegenheit. Günsitg auch, aber dazu später

Bei 3 Sternen geht es dann richtig zur Sache. Benjamin Ehrhart arbeitet mit streng selektiertioniertem, vollreifem Lesegut, setzt eine Ertragsbeschränklung auf 60 Hektoliter pro Hektar fest und verfügt eine längere Maischestandzeit mit etwas höherer Temperatur (mechanisch kontrolliert, z.B. durch Folienabdeckung). Der Ausbau in gebrauchten Barriques gibt den letzten Schliff. Veilchen und Vanille ergänzen die Primäraromen, alles getragen von einem stabilen Säuregerüst. Angeboten wird derzeit der Jahrgang 2009. Das heißt, der Wein hat sich bereits einigermaßen gefunden und beglückt auch nach dem Runterschlucken noch mit warmen Nachklängen wie Süßkirsche. In jeder Sekunde mit diesem Wein spürt man im Mund die Traubenreife.

Unserem sternefähigen, aber leider unambitionierten Hilfskoch Lindmüller ratterte nach den ersten Schlucken spontan eines seiner gleichermaßen schrägen wie simplen Rezepte zu diesen Weinen durch den Kopf: Linsensuppe mit Kaninchenleber. So richtig schön mit in Butter angeschwitztem Suppengrün, Zwiebel und Speck, Brühe, einem Schuss Essig und separat gebratener Leber, die nebst einiger nicht pürierter Linsen als Suppeneinlage fungiert. Schmeckte großartig zu Erharts Spätburgunder (der mit den drei Sternen), dessen dezente Holznote hervorragend mit der „bitteren“ Leber harmonierte. Da spielte es auch keine Rolle mehr, dass Lindmüller das Rezept aus dem Magazin der Süddeutschen Zeitung geklaut hatte.

Der Wein ist eine hochkonzentrierte Wuchtbrumme (14,5 % Alkohol), bietet außer hochgradig präsenter Süß- und Sauerkirsche noch jede Menge erdiger und mineralischer Töne, die gerade erst beginnen, ihre Harmonie mit dem Holz zu finden. Ich lege mich jedenfalls fest: Hier reift etwas bald ziemlich Großes in der Flasche.

 

Datum: 10.4.2012 (Update 12.12.2014)
 

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