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Es ist Donnerstag und ich habe riesige Wut im Bauch. Nicht wegen des Donnerstags, natürlich. Denn vom angenehm entschleunigten, mit Essbarem angereicherten Tagesverlauf einmal ganz abgesehen, bietet das nahe Wochenende die Möglichkeit, ganz ohne Hemmung die eine oder andere geschätzte Flasche zu köpfen.
Meine Wut gilt eben jener geschätzten Flasche. Einst geschätzten Flasche. Die Flasche war nix. So what? Das kann vorkommen. Es darf aber nicht, wenn der Wein der zweitbeste eines hochrenommierten Deutschen Produzenten ist – der Spätburgunder RS 2008 vom Weingut Salwey, prädestiniert für Lagerung und Flaschenreife, mithin das, was Weintrinker oft genug zur „Würde des Alters“ hochstilisieren. Und meistens haben sie auch Recht damit.
Was dann da aus der Flasche blubberte, war aber nicht die Würde des Alters. Zum einen kann von Alter noch gar keine Rede sein. Der Wein aus 2008 dürfte jetzt in eine erste Phase des reifen Genusses kommen. Nicht zu alt, nicht mehr blutjung, fruchtig, holzbefrachtet. Zum anderen war es dann aber auch mit der Würde nicht weit her. Denn was mir da entgegenschlug, war vollkommen drüber.
Drüber, einfach drüber
Nicht drüber, wie es ein Flaschenfehler ist (es sei denn, eine Konterflasche sollte zufällig denselben Flaschenfehler aufweisen). Sondern drüber, wie es eine Frechheit ist für einen noch jungen Premiumrotwein. Dünn, sauer, Reste von schlecht drübergeschmiertem Holz. Sogar zum Essen – und an dem lag es ganz bestimmt nicht – untrinkbar.
Das hat man dann davon, wenn man auf das Deutsche Rotweinwunder (das der Captain gerne ausdauernd proklamiert) vertraut, es sogar selbst weiter zu befördern versucht, sei es durch Einkauf oder Weiterempfehlung.
Und das ist die Kehrseite der hier vor einigen Tagen gestellten Frage: Warum ist dieser Wein nicht ausverkauft? Ich sage, weil exakt das mit den derzeit so gelobten Deutschen Pinots noch zu häufig passiert. Viele können auch heute noch das propagierte und postulierte Format auf der langen Strecke im Keller des Kunden nicht halten. Und vergammeln hundserbärmlich.
Untrinkbarer Bockmist?
Bleibt die Frage: Wer hat Schuld an der Misere? Sind es die Kunden, die immer mehr Ikonenweine auch aus Deutschland haben wollen? Ist das Streben zum Markenwein eben doch eine Einbahnstraße, an deren Ende untrinkbarer Bockmist in einem Großen Pott wartet? Möglich.
Sind es die Winzer, die sich auf dem bereits Erreichten zu lange und zu gründlich ausruhen, sodass bereits in wenigen Jahren kein Hahn (geschweige denn ein Händler) nach den heute so geliebten Pretiosen kräht? Auch das ist möglich.
Ich will den Teufel nicht an die Wand malen und das Ende des deutschen Rotweinbooms heraufbeschwören. Ich sage nur: Winzer, lasst nicht nach. Vor allem aber: lasst nicht locker. Lasst mich Unrecht haben mit meiner Befürchtung, dass Ihr Euch und Eure Produkte überschätzt, übervermarktet, unterbemüht. Strengt Euch an! Bitte!
Denn so viel auch in Weinmedien über die Basisweine als Visitenkarten eines Betriebes und die Topweine als qualitative Speerspitze eines ganzen Gebietes diskutiert wird – viele Kunden wollen all das lesen, hören, sehen und schätzen. Und die goldene Mitte kaufen.
Preis muss Haltbarkeit kommunizieren
Deshalb: Ortsweine nur mit dem Prädikat „gefahrlos trinkbar“. Selektionsweine nur mit der aus dem Preis direkt abzuleitenden proklamierten Haltbarkeit. Alles andere ist Verarsche. Des Kunden. Und des Winzers selbst.
Naja, Salwey ist jetzt nicht der erste Name, der mir einfällt, wenn es um deutschen Rotwein geht. Und weil grade der jetzt nicht so toll war, gibt’s einen Generalverriss? Macht euch nicht lächerlich.
Das geht auch in Ö. Der hochgelobte 2006er Toprotwein ( so ca. 40 Euro ) zeigte sich im Dezember müde, oxidativ und schwach. Kommentar der Winzerin dazu auf der ProWein „Warum bewahrst Du den Wein auch auf? Wir sterben ja alle mal, willst Du die Flaschen vererben?“. 2006 gilt in Austria als Superjahrgang….
Sehr geehrter Herr master at arms. Ich bin verwirrt. Denn vom leider viel zu früh verstorbenen Wolf Salwey bekam ich schon sehr gute Rotweine, als von einem deutschen Rotweinwunder noch jahrelang keine Rede sein sollte. Also hier würde ich schon sagen, dass es -zusammen mit vielleicht 5-7 anderen – einer der ersten Namen ist, de mir in DE zu Rotwein einfielen.
Umso mehr verblüfft mich der schlechte Zustand dieser Flasche. Ich bin jetzt nicht gerade der grösste Fan von deutschen Spätburgundern, aber so schlecht sehe ich die Lage insgesamt auch nicht. Aber es muss wohl wieder ein bisserl Wirbel geschlagen werden…
Grinsegruss vom Knall.
Salwey übertreibt es Meiner Meinung nach immer ein wenig mit dem neuen Holz.
Ist ja auch eh wurscht. Wenn ich einen schlechten Clos de Vougeot getrunken hätte, würde ich ja auch nicht das ganze Burgund anzweifeln.
Es geht nicht darum, ganz Rotweindeutschland zu verteufeln. Mir passiert das obige Szenario einfach zu häufig, um pauschal vom deutschen Rotweinwunder sprechen zu wollen. Das ist genau das Gegenteil dessen, was mir angedichtet wird. Dass es mittlerweile viele gute Pinots aus Deutschland gibt, macht Deutschland noch nicht zur Rotweinnation.
Starker Artikel, kompliment!
Pinot Noir ist meine absolute Lieblingssorte, wenn er diese rotbeerige Fruchtsüsse, gepaart mit mieralischer Würze besitzt ohne opulent oder gar fett zu wirken, die im Alter an Komplexität nicht zu überbieten ist, dann liebe ich ihn.
Die Aufregung von Maat Kübelbeck kann ich gut nachvollziehen, nur wenige Pinots dieser Welt besitzen ein gutes Alterungspotenzial, für viel Geld habe ich schon viel Mist getrunken, leider…
Sollte aber normalerweise nicht passieren… habe in letzter Zeit einige Flaschen aus 2006 getrunken und fand die meisten auf einem hohen Niveau – die erste wirkliche Blütephase meiner Meinung nach. Die Weine waren meistens die einfachen Lagen bzw. Reserven.
Weder der Artikel noch die Kommentare finde ich treffend für Deutschland!
es ist nun mal so das deutschland immer noch Weissweinland ist. Der Pinot kann nur gut mit dem cool-climate, aber nicht jeder, um nicht zu sagen, die wenigsten Winzer können mit Pinot. doch dank des sich erwärmenden Klima kann man das gut wegretuschieren, etwas mehr Alkohol bringt etwas mehr süße, trotz durch gegoren, etwas weniger Säure bringt etwas mehr Frucht und und etwas mehr Sonne bringt etwas mehr Farbe und reife Tannine.
ich finde Pinot muss man können, da ist es egal wo man sein Produkt herstellt. Gute und weniger gute Produzenten von Pinot gibt es sowohl im Burgund als auch in Deutschland.
und Salwey ist jetzt wirklich nicht direkt die erste Adresse für Pinot.
Desweiteren kann es sein, dass der Wein ein Transportschaden erlitten hat, sprich wenn er mit der Post oder Spedition kam, im völlig überhitzten Lkw oder Postauto transportiert wurde, da bringt die Konterflasche aus der gleichen Lieferung herzlich wenig. Da würde ich erst mal ansetzen, bevor man so ein Artikel vom Stapel lässt.
Das Thema Transportschaden wurde hier ja auch schon hinreichend publiziert
Hochachtungsvoll
Wenn man ihn noch bekommen würde, würde ich eine Gegenprobe zu großen deutschen Rotweinen zB mit dem hier veranstalten:
https://www.captaincork.com/Weine/Rotwein/Spaetburgunder-Nr-1-Richard-Oestreicher-2006-Kaufempfehlung?Seite=1
Kann die erste Wut verstehen…aber deshalb pauschalisieren?
Habe am Osterwochenende eine zum 50. Geburtstag geschenkte Flasche Margeaux 1996 geöffnet …mit dem selben Ergebnis. Viel Säure, kein Körper….in einem seriösen Weinladen, der über seriöse Großhandler bestellt, gekauft.
100 Parker-Punkte, die trotz etlicher Wiederbelebungsmaßnahmen keine 20 Euro wert waren, ….perdu. Mit diesem Preis hätte ich gut und gern 15 tolle deutsche Spitzenspätburgunder kaufen können.
Shit happenes……
Hmm, die Langlebigkeit der deutschen Spätburgunder muß sich in der Tat erst wirklich erweisen, da die deutschen Winzer einfach nicht die jahrhundertealte Tradition wie die französischen mit dem Holzeinsatz haben und oft einfach wirklich überholzen … nichtsdestotrotz wäre so eine Erfahrung bei Fürst, Knipser, Becker, Huber oder Rebholz sicher nicht passiert, die 2003er und 2004er von denen sind immer noch große Freude und Kunst! Und ja, Langlebigkeit ist eine Determinante der Weinqualität, das sollten sich einige Winzer in der Tat zu Herzen nehmen!
Guter Kommentar! Für die Winzer aber sicher auch nicht ganz einfach, denn langlebige Weine zu produzieren, heisst auch dass diese im Zeitpunkt des Verkaufs noch nicht trinkreif sind, bzw. in aller Regel viel zu jung getrunken werden. Meine GGs von Huber aus 2007 werden z.B. jetzt erst so langsam rund. Verständlich wenn Winzer mit einer weniger exponierten Stellung wie die genannten Becker & Co. (kein Bezug auf Salwey) schneller trinkbare, aber auch weniger langlebige Weine produzieren.
Ungeachtet dessen ist die Forderung nach einer Steigerung der Rotweinqualität in der Breite nicht verfehlt. Pinot ist aber halt auch keine einfache Rebsorte….
Irgendwie kann ich das nicht ganz glauben, hier wären Gegenproben angebracht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine nicht geringe Menge der Flaschen dieses Weins hinübersein sollen. Das wäre ein Armutszeugnis. Unsere Weine aus 07/08 die wir gerade so trinken stehen sehr gut da und zeigen keinerlei Ermüdung. Das sich niemand auf seinen Lorbeeren ausruhen sollte, ist selbstverständlich. Die Weine von Salwey kenne ich nicht.
Einige 2008er Pinots aus dem Spitzensegment und dem Mittelbau, egal ob aus D oder F sind derzeit meist total verschlossen und deshalb nicht wirklich schön zu trinken. Keine Frucht, dadurch wirkt das Holz häufig wie eine schlechte Schminke. Hinzukommt, dass 2008 ein recht säurestärkeres Jahr war. Also lieber die Flaschen nochmal bis 2015-2016 im Schiffsbauch verstecken und dann bitte nochmals berichten.
Gerade trinken sich viele 2001er und 2003er Spätburgunder herrlich. Nur um ein paar Beispiele aus dem letzten halben Jahr zu nennen: Stodden Herrenberg Alte Reben, und *** Auslese, Becker Kammerberg+Res, M-Catoir Auslese, Phillipi R und RR, R+C Schneider, M.Waßmer, GC und sogar der kleine Schlatter Maltersergarten, Knipser Kirschgarten. Auch bei dem ein oder anderen Wein, insbesondere aus 2001 den ich in der Verschlussphase zwischen 2005 und 2008 getrunken habe, hatte ich ähnliche Eindrücke wie sie der Maat hier beschreibt.
was um Himmels Willen hat das sogenannte Rotweinwunder mit Salwey zu tun? Ganz schlechtes Beispiel! Trink Knipser, 2008 Spiess Hasensprung (habe ich gerade in Glas), Fürst oder Becker uvm…
Jetzt muss ich mal ne Lanze für das Weingut Salwey brechen…
Ich hab da noch nie nen schlechten Wein getrunken, ob Rot oder Weiss! Vor allem passt da noch der Preis…Die Spitzen von Becker, Huber, Fürst etc. sind ja für nen Normalverdiener fast nicht mehr bezahlbar..
Hallo zusammen,
ein klasse Beitrag, der aber sehr polarisiert und den ich daher kommentieren möchte. Teilweise beziehen sich die Kommentare auch auf die anderen Kommentare…
1. Ich finde Salwey sehr gut und hatte bisher nie ein Problem! (Wobei es nicht eines der Güter ist, die ich sehr regelmäßig trinke)
2. Deutschland ist (für mich) ein klares Weißweinland. Ich trinke fast nur noch hochwertigen Weißen aus Deutschland, weil es da Weltklassequalität zu realistischen Preisen gibt. Beim Rotwein finde ich, dass ich in anderen Ländern für das gleiche Budget (im Durchschnitt) bessere Qualität bekomme.
3. Ein Rotweinwunder kann ich in D nicht sehen. Es gibt aber eine Reihe von guten Winzern, die sehr konzentriert an den Rotweinen arbeiten und dann auch entsprechende Resultate erzielen.
4. Ich teile die Erfahrung, dass deutscher Spätburgunder nach einigen Jahren nicht mehr gut im Glas steht. Insbesondere am Kaiserstuhl habe ich diese Erfahrung gemacht (mit GG)
5. Ich weiß nicht, ob dieser Wein (siehe 4.) noch einmal gekommen wäre, weil ich deutschen Rotwein eher zügig trinke und es insbes. die letzten Flaschen einer Lieferung waren, die „schlaff gemacht“ haben.
6. Deutschen Rotwein auf Pinot zu reduzieren finde ich unglücklich, da es (z. B. in Laumersheim) eine Reihe von Weinen gibt, die das wiederlegen. Diese haben bei mir übrigens bis zur letzten Flasche einen sehr guten Eindruck gemacht.
Grüße Wine Nerd
PS: Ich möchte mit 2.-4. nicht sagen, dass es in D keinen sehr guten Rotwein gibt. Mann muss nur länger suchen, als nach sehr gutem Weißen und in anderen Ländern macht das Klima eben in der Breite das erzeugen von Top-Roten wesentlich leichter…
Wine Nerd, nennen Sie mir 10 bekannte dt. Rotweine, die keine Pinots sind. Ich komme nicht auf drei.
Hallo,
bekannt ist so eine Sache…
Ich kann aber definitiv 4 nennen, die ich persönlich in letzter Zeit mit Genuss getrunken habe
Cuvée X (Knipser), Luitmar und Cabernet Sauvignon (Kuhn), WinWin (von Winning enthält glaube ich Spätburgunder)
Um Wine Nerds Liste ein wenig zu ergänzen:
–DUCA XI-Weingut Egon Schmitt (2maliger Vinum Rotweinpreissieger)
–Claret-Jakob Pfleger (Bordeaux-Cuvée)
–Cuvée Laura-Jakob Pfleger (Cuvée auf Merlot-Basis)
–Cabernet Sauvignon-Knipser (wird nur in guten Jahren gemacht)
–Nebbiolo-Brenneis-Koch (der Pfalz-Barolo)
–Syrah-Brenneis-Koch
und alle Weine sind mit Ausnahme von Knipser in der 20 Euro-Klasse positioniert und lange lagerfähig.
Mich würde mal interssieren, ob bevor der Artikel von Maat Küblbeck verfasst wurde, dem Weingut Salwey die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde?
Nein, ist auch nicht notwendig, weil es sich um einen Produkttest handelt und nicht um eine politische, witschaftspolitische oder kulturpolitische Stellungnahme. Sie haben aber geantwortet. Und zwar gut. Ich veröffentliche das auf der facebook-Seite..